Paradiespforte

In Chapada verbringen wir die Nacht an der Abbruchkante zum Pantanalbecken und erleben am nächsten Tag einen wunderschönen Sonnenaufgang. Die Tiefebene wird noch von einer geschlossenen Nebeldecke verhüllt, während darüber auf 800 Metern Höhe schon bei klarem Himmel die Sonne scheint. Nicht bedacht haben wir, daß wir auf dem Plateau wie auf dem Präsentierteller stehen: Es ist noch nicht einmal neun Uhr morgens, da haben wir schon drei Fotoshootings, unter anderem mit der lokalen Feuerwehr, hinter uns. Um doch noch halbwegs zeitig vom Platz wegzukommen wendet Hugo sein probates Mittel an, die intensive brasilianische Kommunikation mit einem Satz zu erschlagen: „Do you speak English?“

Chapada

Fauchend fallen wir etliche Stunden und Kilometer später im Paradies ein. Wir haben die Fazenda Portal Paraiso erreicht, kurz hinter dem Anfang der Transpantaneira. Bei Unimoppel hat sich ein Druckluftkabel durchgescheuert und er pfeift wie ein alter Wasserkessel. Alle Flickbemühungen schlagen fehl, also steht ein Werkstattbesuch in Poconé an, der letzten Ortschaft, bevor es tiefer ins Pantanal hinein geht.

Auf der Fazenda werden wir – ich kann es wieder kaum fassen – von acht lautstark krakelenden Hyazinth-Aras in einem großen Baum begrüßt. Wir richten unseren Stellplatz weit ab vom Haupthaus ein und freuen uns über die Einsamkeit und Stille. Wir sind allein.

Stellplatz Portal Paraiso 2

In der Abenddämmerung kommt ein großer Ameisenbär gemächlich aus dem Dickicht auf der Suche nach Termiten. Auch hier gibt es wieder viele Vögel, die in den Bäumen nisten, Früchte finden oder in den Tümpeln nach Fischen und Schnecken suchen. Von einer kleinen Plattform aus Holz lässt sich das Geschehen 360 Grad verfolgen. Nachmittags krabbelt ein Baby-Caiman durchs Gras. So, wie er auf dem Rücken ausschaut, scheint er unter einer Kuh gedöst zu haben.

Baby Caiman von vorne

Wie auf ein geheimes, für uns nicht wahrnehmbares Zeichen hin strömen im letzen Abendlicht von überall her plötzlich die Pferde, Wasserbüffel, Rinder und Ziegen der Fazenda zusammen. Die Nacht werden sie geschützt in einer großen Koppel nahe dem Haupthaus verbringen, bevor sie sich frühmorgens wieder in den Urwald und das Grasland verstreuen, Tag für Tag im gleichen Rhythmus. Vögel ziehen in großen Schwärmen oder paarweise über uns hinweg und suchen für die Nacht ihre Schlafbäume auf. Dann wird es still.

Lagerfeuer Portal Paraiso

Wir sitzen im Stockfinsteren draußen vor dem Unimog und bewundern den Sternenhimmel und die vielen Glühwürmchen, als wir plötzlich ein Mampfen und Rupfen hören. Im Schein der Taschenlampe sehen wir acht Capivaras, die keine zehn Meter von uns entfernt genüsslich grasen und sich von uns nicht stören lassen.

Capivaras by night

Am nächsten Morgen stehe ich in aller Frühe im Evakostüm in der Dusche, als hinter der Holztür, die ich zum Glück offen stehen gelassen hatte, eine fingerdicke, ungefähr einen Meter lange rotbraune Schlange mit dreieckigem Kopf hervorlugt. Ich rühre mich nicht vom Fleck und sie schlängelt sich im Abstand von 20 cm an meinen nackten Füßen vorbei langsam nach draußen. Auch wenn wir im Paradies sind: Einen Apfel bietet sie mir nicht an.

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