Marmitex

Es ist Mittagszeit und wir steuern eines der einfachen, aber gut besuchten Straßenrestaurants in Downtown Campo Grande an. Eine Speisekarte am Tisch gibt es nicht, aber an der Wand hängt eine Tafel, auf der sieben oder acht Gerichte aufgeführt sind. Was sich hinter den eigenwilligen Namen verbirgt erschließt sich uns auch bei intensivem Nachdenken nicht, noch nicht einmal ob Fleisch, Fisch oder Huhn, daher entscheide ich mich für das mit dem lustigsten Namen: Marmitex. Es gibt auch noch Marmitex Special, aber das ist – vemute ich – bestimmt eine große Portion von Marmitex und so groß ist mein Hunger auch wieder nicht. Hugo schließt sich mir an und dann wird es wirklich lustig.

Ich bestelle beim Kellner in perfektem Brasilianisch- das schaffe ich inzwischen schon ganz gut – zwei Mal Marmitex und eine große Flasche Cola. Er schaut mich leicht irritiert an und stellt mir eine Frage. Die zu enträtseln schaffe ich dann schon nicht mehr ganz so gut. Ich meine zu verstehen, daß er wissen möchte, ob wir an diesem Tisch essen möchten, und ich denke: „Was für eine doofe Frage: Erstens hast du uns gerade erst diesen Tisch zugewiesen und zweitens sind alle anderen im Restaurant besetzt“, aber ich schenke ihm mein strahlendstes Lächeln und sage selbstbewußt: „Si, cierto!“ Woraufhin er mich erst recht verständnislos anschaut und seine Kollegin zur Hilfe holt, die dann ihren etwa 18jährigen Sohn hinzuzieht. Erwartungsvoll schauen die beiden mich an und noch immer lächelnd wiederhole ich unseren Wunsch und denke mir nichts dabei: Zwei Marmitex und eine große Flasche Cola und ja, hier an diesem Tisch, bitte.

Die Kollegin lächelt mich unverändert an, zieht zeitverzögert dann die Unterlippe zwischen die Zähne und die Augenbrauen hoch, schaut nachdenklich erst zum Kellner, dann zu mir, zu Hugo, wieder zum Kellner, in ihren Augen unverkennbar große Fragezeichen. Sie zuckt hilflos mit den Achseln, offensichtlich bleibt es ihr ein Rätsel, was wir wünschen. Der Junge sieht seinen Einsatz kommen, zückt hilfsbereit sein Handy, tippt in atemberaubender Geschwindigkeit wie es nur Teenager können etwas auf brasilianisch in das Übersetzungsprogramm und hält Hugo dann das Display vor die Nase. Der liest laut den folgenden Satz vor: „Even if you serve the food.“

??? Heißt das, wir sollen uns am Buffet selbst bedienen??? Nein, auch damit liege ich falsch. Wir grinsen uns an, erst Hugo und ich, dann wir alle fünf. Inzwischen amüsieren sich auch die Gäste an den Nachbartischen über die beiden Gringos. Mittlerweile ist klar, daß sie hier gerade Zeugen eines mittleren Kommunikationsgaus sind. Ich kann mich vor Lachen kaum noch halten, nehme nochmals einen Anlauf, erst auf italienisch, dann auf spanisch, der Kellner und seine Kollegin versuchen es gemeinsam mit wilder, aber bezeichnender Gestik und dann macht es plötzlich „Bingo“ in meinem Kopf! Marmitex bedeutet Take Away! Ist doch ganz klar, oder? Wir signalisieren, daß wir endlich verstanden haben, und bestellen dann für Hugo “irgendetwas mit carne! (Fleisch) und für mich „irgendetwas mit frango“( Hühnchen) und bekommen beides prompt serviert. Geht also doch…

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