Ende Gelände

Unser Tagesziel haben wir schon fast erreicht, als unsere Weiterfahrt abrupt durch eine Straßenblockade aus Menschentrauben und brennenden Autoreifen beendet wird. Geduldig warten wir eine Weile, dann fragen wir nach, ob es eine Chance gibt, durchzukommen. Es gibt keine, und die Blockade dauert nun schon drei Wochen.

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Die Menschen hier in den Regionen Catamarca, Tucuman und La Rioja leben von der Landwirtschaft, die Böden sind fruchtbar, Obst, Getreide, Tabak und Gemüse gedeihen prächtig und überall entlang der Fernstraße sitzen große Agrarunternehmen mit modernen Bürogebäuden, großen Hallen und Silos. Trotzdem bleibt den Landarbeitern kaum Geld zum Leben übrig. Das Gefälle zwischen Arm und Reich ist groß in Argentinien, und hier, südlich von San Miguel de Tucuman, ist es besonders offensichtlich. Armselige Hütten, wie wir sie in Peru zuletzt gesehen haben, säumen die Straße. Mit der Blockade hoffen die Landarbeiter, in Buenos Aires höhere Löhne erringen zu können, nur: Welchen Politiker in der Hauptstadt interessiert es, wenn zwischen San Fernando de Catamarca und San Miguel de Tucuman die Ruta 60 blockiert wird?

Wir sind gezwungen, einen Umweg von über 70 Kilometern zu fahren, der in weiten Teilen über holprige Feldwege und durch Zuckerrohr- und Maisfelder führt. In der Nacht hatte es geregnet, und an manchen mit Wasser gefüllten Schlaglöchern sammeln sich Schwärme kleiner gelber Schmetterlinge. Von den Vibrationen des Unimogs aufgeschreckt fliegen sie auf und tanzen einen Moment wie Konfetti vor unserer Windschutzscheibe. Immer wieder huschen flinke Feldhamster panisch über die Piste und manchmal auch ein kleines Gürteltier mit seinem knöchernen Panzer, aus dem lange borstige Haare sprießen.

Auf den Karten von MapsWithMe hatten wir gesehen, daß wir den Rio Seco (Trockener Fluß) queren müssen. Als wir an die betreffende Stelle gelangen, ist von einer Brücke keine Spur zu sehen. Normalerweise könnten wir den Fluß mit dem Unimog einfach durchfahren, aber in den vergangenen Tagen hat es in der westlich gelegenen Sierra Aconouija heftige Regenfälle gegeben und der jetzt schnell fließende Fluß führt seinem Namen zum Trotz sehr viel Wasser und roten Schlamm. Da reicht auch die Unimog-Wattiefe von 1,30 Meter nicht aus. Für uns heißt es, zum zweiten Mal an diesem Tag, Ende Gelände und es geht viele Kilometer weiter über einsame Wege durch die Felder, in denen verstreut und abgelegen winzige Farmhäuser liegen, deren Bewohner in Shorts und Unterhemd draußen auf einem Plastikstuhl sitzen und die Zeit vorbeiziehen lassen.

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Ein Gedanke zu „Ende Gelände

  1. Laura und Maurice

    endlich wieder atemberaubend schöne Bilder und spannende Reiseberichte,
    ich hatte schon „Entzugserscheinungen“
    Laura

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