Difunta Correa

Entlang der Straßen in Argentinien, aber auch in Chile, haben wir immer wieder kleine Altärhäuschen gesehen, die von Hunderten oder gar Tausenden Plastikflaschen umgeben waren. Dachten wir anfangs noch an punktuelle Vermüllung und eine unverzeihliche Umweltsünde in den sonst recht sauberen Ländern, so wurde schnell klar, daß es sich dabei um einen religiösen Brauch handelt.

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Viele Argentinier und Chilenen glauben an den Schutz der Difunta Correa, der Schutzpatronin für Verkehr und Reisen. Von der katholischen Kirche ist sie nicht anerkannt, also auch keine Heilige, aber an jedem Busbahnhof steht sie in einer Vitrine und wird wie eine Heilige verehrt. Entlang der Fernstraßen haben Menschen kleine Altäre errichtet, vor denen Reisende, Brummifahrer, Motorradfahrer und Busfahrer gefüllte Wasserflaschen abstellen und um ihren Schutz beten.

65 Kilometer östlich von San Juan und fast unmittelbar an unserer Strecke liegt der Wallfahrtsfahrtsort der Difunta Correa. Nachdem wir so viel darüber gehört und so viele Straßenaltäre gesehen haben statten wir dem für unseren Geschmack etwas befremdlich anmutenden Ort einen Besuch ab.

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Und so geht die Geschichte: Maria Antonia Deolinda y Correa folgte mit ihrem Säugling auf dem Arm zu Zeiten des Bürgerkriegs 1841 ihrem von Soldaten verschleppten Mann. Nach 34 Kilometern Fußmarsch auf der Straße verdurstete sie hier in der Wüste. Tage später fanden Maultiertreiber ihre Leiche, aber wie durch ein Wunder lebte der Säugling noch und nuckelte an den nach wie vor Milch spendenden Brüsten der Verstorbenen. Ein Wunder, ohne Zweifel.

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Wer immer eine Reise oder längere Fahrt plant erbittet den Schutz der Difunta Correa, und wer immer von ihr aus einer gefährlichen Situation gerettet wurde stattet ihrem Grab zum Dank einen Besuch ab. Der Wallfahrtsort ist eine Anhäufung aus kleinen Hotels, Restaurants und verschiedenster Devotionalien. An kleinen Kiosken kann man gegen Bares neben bunt bemalten Gipsmodellen der liegenden Difunta Correa mit ihrem Säugling an der Brust rote Stoffbänder mit Vordruck erstehen: Beschütze meinen Honda oder Beschütze meinen Mercedes oder Beschütze meine Suzuki oder Beschütze meinen IVECO…

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Autofahrer hinterlassen an der Grabstätte ihre KFZ-Schilder, verbogene Felgen oder geplatzte Autoreifen, Straßenbauarbeiter ihre Helme oder Schuhe. Brummifahrer stellen Modelle ihrer LKW ab, die in einem eigenen Raum ausgestellt werden, oder hängen Fotos ihrer bei einem Unfall demolierten Wagen auf, denen sie Dank Difunta Correas Beistand heil entstiegen sind. Da auch die Ehe als lange Reise betrachtet wird geben Bräute ihre weißen Kleider nach der Vermählung sicherheitshalber auch ab. Und überall auf dem Gelände stehen Abertausende Plastikwasserflaschen. Im Schrein selbst liegt eine fast lebensgroße Statue der Difunta Correa.

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Vieles ist hart an der Grenze zum Kitsch und für uns befremdlich, trotzdem beeindruckt der unbeirrbare Glaube der Menschen auf seine Weise.

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