Moral (es)-vorstellungen

Es gibt Länder, die alles dafür tun, ihren Bewohnern das Leben so beschwerlich und unangenehm wie möglich zu machen. In der Regel sind dies die kommunistischen Staaten und die Militärdiktaturen. Aber auch Bolivien, wenngleich präsidiale Republik, gehört dazu und die ideologische Nähe zu Venezuela ist unübersehbar. Wie der verstorbene venezolanische Staatspräsident Hugo Chavez lässt der bolivianische Präsident Evo Morales in seiner Selbstverliebtheit überall sein Konterfei abbilden. Einem Hund gleich, der zwanghaft jeden Baum anpinkelt, muß er überall seine Marke hinterlassen, und so schmücken überdimensionale Werbetafeln für Energieausbau, Agrarproduktion, Wasserversorgung, Tourismus, Bildung, Töpfe, Pfannen, Staubsauger …den Straßenrand und die Häuserwände, auf jedem das Gesicht Morales, hübsch mit rot-weißer Blumengirlande um den dicken Hals und leicht seitlich von unten fotografiert wie das berühmte Bild Che Guevaras. Man scheut keinen Vergleich.

Wie jeder „gute“ Präsident hat sich Evo Morales mit dem neuen Flughafen 17 Kilometer außerhalb von Santa Cruz, mit über 1.5 Millionen Einwohner größte Stadt Boliviens und wirtschaftliche Metropole, ein Denkmal gesetzt. Auf einer riesigen Fläche steht das reguläre Passagierterminal mit einer ungefähren Größe von Münster/Osnabrück für nationale und wenige internationale Flüge. Eine vierspurige, teilweise noch im Bau befindliche Asphaltstraße mit Beleuchtung führt zum Terminal, vor welchem bereits eine metallene Pferdeskulptur installiert ist. Wie Geschäftsreisende oder Touristen allerdings überhaupt in dieser ausufernden Stadt zum Flughafen finden sollen ist uns ein Rätsel, den Santa Cruz hat so gut wie keine Beschilderung.

Auch als Präsident kann man den Boliviano nur einmal ausgeben und so muß auch Senor Morales Prioritäten setzen. Da die Volksvertretung, der Congreso Nacional, eine jährliche Sitzungsperiode von nur drei Monaten hat – die restliche Zeit ist mehr oder weniger Urlaub – drängen sich bei ihm die Termine in dieser Zeit natürlich Schlag auf Schlag. Um mögliche Wartezeiten auszuschließen läßt er sich daher gerade am Flughafen flugs ein eigenes Präsidententerminal errichten. Kostet ja nicht die Welt, oder? Macht ja auch nichts, solange Deutschland wie bisher großzügige Entwicklungshilfegelder in das Land pumpt (seit den 60er Jahren bereits über eine Milliarde EUR).

Wir parken jedenfalls ohne schlechtes Gewissen zwei Nächte vor dem Flughafen, entsorgen unseren Müll, nutzen hemmungslos das mal mehr mal weniger stabile Wi-Fi und schauen uns die WM-Spiele an, allerdings ohne zu lautstark zu jubeln.

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