Tiere des Pantanal

Der Pantanal ist in Südamerika das Gebiet mit der höchsten Tier- und Pflanzenartendichte. Naturkundlich registriert wurden bis jetzt: 1700 Pflanzenarten, 700 Vogelarten, 50 Reptilienarten, 278 Fischarten, darunter welche, die bis zu 120 kg schwer werden.

Trotz der immens hohen Tierdichte darf man keinen „Zoobesuch“ erwarten. Vögel sieht man sehr viele und sie machen auch immer lautstark auf sich aufmerksam, ansonsten ist der Pantanal leise und man muß sehr genau und geduldig hinsehen, um Tiere zu entdecken. Die größeren Säugetiere sind fast ausnahmslos nachtaktiv und so muß man entweder in den frühen Morgenstunden zwischen 5 und 7 Uhr losziehen oder aber abends nach Einbruch der Dunkelheit. Lediglich Capivaras, die „Wasserschweine“ und Jacarés = Kaimane gibt es häufig.

Caiman 1 Doc

Der Name „Jacaré“ entstammt der Sprache der Guarani-Indiander, der Ureinwohner des Pantanal. Für sie ist der Kaiman ein göttlicher Bruder und sie erzählen sich eine Legende, in der sich ein Guarani-Häuptling in einen Kaiman verwandelte, um die Natur zu schützen. Sie glauben, daß der Kaiman die göttliche Ordnung auf Erden aufrecht erhält und das Ende der Welt naht, wenn der Kaiman den Pantanal verlässt. Was die Apokalypse betrifft besteht zumindest im Augenblick kein Anlaß zur Sorge: Seit 1967 die Kaimanjagd verboten wurde hat sich der Bestand im Pantanal auf 35 Mio Kaimane erholt.

Tagsüber haben Hugo und ich bisher mehrfach den großen Ameisenbären, einen Pantanalhirsch, ein Opossum, ein Gürteltier, zahlreiche Affen und einen großen Keiler gesehen, und wir hoffen, auf einer organisierten Nachtbeobachtungstour noch mehr Tiere zu Gesicht zu bekommen. Auf der Fazenda Sao Francisco geht es im offenen Jeep abends für zwei Stunden los, die Augen durch übergroße Brillen gut geschützt vor den Unmengen an Moskitos und anderen Insekten. Im Scheinwerferlicht stieben vor unserem Wagen auf den Feldwegen unzählige Eulen unwillig im letzten Moment hoch, in ihren Fängen baumelt hilflos ihre Beute, meistens kleine Frösche. Wir sehen im Lichtkegel ein paar Capivaras, einen Pantanalhirsch, entdecken in einem Busch am Rande des Weges eine grüne Schlange und schrecken einen Ozelot auf, der prompt mit einem Satz im Gebüsch verschwindet.

Ozelot Doc

Auf der Fazenda Sao Francisco wird im Rahmen eines Reproduktionsprogrammes ein ausgewachsener männlicher Tapir gehalten. Sein Gehege ist groß, dicht und hoch bewachsen und die Chance, ihn zu sehen, sind eher gering, aber wir haben Glück. Als wir am späten Nachmittag aus dem Unimog treten sehen wir ihn, noch ganz verschlafen, aus seinem Stall kommen. Wir waren gewarnt worden, ihm zu nahe zu treten: Bei Bedrohung können Tapire ihren (vermeintlichen) Feind zielgenau über mehrere Meter Entfernung anpinkeln. Wir betrachten das seltsam anmutende Tier von der Größe eines Ponies aus gebührendem Abstand.

Tapir 1 Doc

Der größten Katze des südamerikanischen Kontinentes, dem Jaguar, zu begegnen ist eher unwahrscheinlich. Seit brasilianische Umweltschutzbeamte die Einhaltung des Arten-schutzabkommens streng überwachen hat sich zwar der Bestand des Jaguars im Pantanal wieder auf rund 8.000 Exemplare erhöht, aber leider bekommen wir in dieser Nacht keines dieser Raubtiere mit dem schön gezeichneten Fell zu sehen. Sie sind ausgesprochene Einzelgänger, sehr scheu und man wird ihnen vermutlich eher auf der Fifth Avenue oder der Kö zu begegnen, wo sie die Schultern einer rich bitch schmücken, mit der zweifelhaften Aufgabe ihr zu mehr Selbstbewusstsein und Anerkennung zu verhelfen.

Wir sehen in dieser Nacht jedenfalls keinen, sind aber nicht enttäuscht, weil die Fahrt durch den nächtlichen Pantanal auch so sehr lohnenswert ist. Wenn die Vögel schlafen ist die Stille fast physisch greifbar. Es gibt keine künstlichen Lichtquellen, keinen Lichtsmog, der den Millionen Sternen am Himmel Konkurrenz machten könnte. Man bekommt eine Vorstellung davon, wie es war, als der Mensch noch nicht da war.

Eine große Säugetierart gibt es hier im Pantanal allerdings zu Millionen und bedroht das Paradies immer stärker. Hugo nennt sie den „brasilianischen Butterhirsch“, naturwissenschaftlich korrekt heißen sie Charolez, Miura, Caracu, Longhorn oder Boi Pantaneiro, ich sage dazu einfach Rinder. Für die einträgliche Zucht roden die Fazenderos legal und illegal nach wie vor großflächig den Urwald, so daß die Rückzugsräume für die wilden Tiere immer kleiner werden. Viel Fleisch wird dabei nach Europa und Indien exportiert. Die Größe der Fazendas ist teilweise atemberaubend: Es gibt Farmen mit über 100.000 Tieren. Geschätzt werden zur Zeit allein im Pantanal ca. 8 Mio Rinder gehalten.

Butterhirsche 1 Doc

Vor Kurzem hatten wir im Blog die Benutzung des Begriffs „öko“ angesprochen, der hier in Brasilien unserem Empfinden nach inflationär eingesetzt wird. Inzwischen haben wir recherchiert und unser Eindruck wurde bestätigt: Von den Rund 1.250 Fazendas im Pantanal haben ganz drei (!) ein offizielles Öko-Zertifikat; der Rest schmückt sich also mit fremden Federn und bastelt sich seine Eco-Labels selbst. Trotzdem, globale Naturschutzorganisationen wie der WWF und auch die brasilianische Regierung haben erkannt, daß Ökotourismus ein sinnvolles Instrument ist, dieses Biotop zu erhalten und die Bemühungen gehen in die richtige Richtung.

Bewegte Bilder findet Ihr hier:

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