„Companeros, enterradme en Isla Negra, frente al mar que conozco, a cada area rugosa de piedras, y de olas que mis ojos no volveran a ver…“
„Freunde, begrabt mich in Isla Negra, gegenüber dem Meer, das ich kenne, an jenem rauen, steinigen Ort mit den Wellen, die meine verlorenen Augen nicht wiedersehen werden.“
Wir verlassen die Großstadt nach Westen und stoßen bei Algarrobo wieder an die Küste. Nördlich des Ortes erstreckt sich mit San Alfonso del Mar ein Hotelkomplex mit Guiness-Rekord: Eine künstlich angelegte Meerwasser-Lagune stellt mit 1.013 Metern Länge das längste Schwimmbad der Welt. Auch sonst ist die Gegend unübersehbar touristisch geprägt:
Wir fahren weiter nach Isla Negra, rund 80 km südlich von Valparaiso gelegen. Isla Negra ist nicht, wie der Name vermuten lässt, eine schwarze Insel vor der chilenischen Küste, sondern eines der drei Häuser des Schriftstellers Pablo Neruda, sein Lieblingshaus und zugleich seine Grabstätte. Auf die Felsen oberhalb des Pazifiks gebaut spiegelt es die überbordende Phantasie des Dichters und seine lebenslange Leidenschaft für das Meer wieder. Er kaufte das Grundstück mit einem kleinen Steinhäuschen 1938 einem spanischen Seemann ab und nahm im Laufe der Jahre zusammen mit seinen Freunden, den Architekten German Rodriguez Arias und Sergio Soza, zahlreiche Änderungen und Erweiterungen vor. Überwiegend wurden dabei Holz und Naturstein aus der Gegend verwendet. Mit der Zeit entstand ein organisch anmutendes Gebilde, teils Wohnhaus, teils Arbeitsstätte, teils Museum.
Das Haus ist im Originalzustand erhalten und beherbergt Nerudas sagenhaftes Sammelsurium an über 3.500 Gegenständen, die er weltweit auf Flohmärkten selbst zusammentrug. Alte, aus Holz geschnitzte Galionsfiguren, die einst den Bug von Walfängern schmückten, zieren heute Wohn- und Esszimmer, die Bar im Garten ist mit einer großen Anzahl skurriler Glasflaschen ausgestattet, Buddelschiffe sind so an den Fenstern angebracht, daß sie für den Betrachter auf dem Ozean zu schwimmen scheinen, der Durchgang zum Anbau ist mit asiatischen Masken geschmückt, im Arbeitszimmer finden sich eine Sammlung von Pfeifen, Schmetterlingen, Käfern und Walzähnen und im von Neruda so genannten „Sala del Caballo“ steht ein lebensgroßes künstliches Pferd, welches er nach einem Brand „rettete“. Besonders gut hat uns seine sehenswerte Muschelsammlung aus aller Welt gefallen, die in einem separaten Raum perfekt ausgeleuchtet in Szene gesetzt ist. Jedes Teil seiner Sammlung hat eine eigene Geschichte, zu jedem hatte er eine persönliche Beziehung. In seinen Memoiren schreibt Neruda:„In Isla Negra habe ich kleine und große Spielzeuge zusammengetragen, ohne die ich nicht leben kann“.
Pablo Neruda liebte seine Heimat und das Meer sehr, wenngleich er sich auf Schiffen nicht wohl fühlte und Seefahrten wenn möglich zu vermeiden suchte. Sein von zwei Seiten sonnendurchflutetes Schlafzimmer liegt im obersten Stock des Haupthauses und vom Bett aus blickt man durch ein großes Panoramafenster direkt auf die Pazifikwellen, die sich an den Felsen brechen. Auf seinem Nachtschränkchen hatte Neruda ein Fernrohr liegen, um die vorbei fahrenden Schiffe zu betrachten.
Neruda war Dichter, Konsul, Senator, Freund Salvador Allendes, leidenschaftlicher Antifaschist, Präsidentschaftskandidat, Literaturnobelpreisträger. Die internationale Auszeichnung erhielt er „Für eine Poesie, die mit der Wirkung einer Naturkraft Schicksal und Träume eines Kontinents lebendig macht.“ 1973, 12 Tage nach dem Putschversuch gegen seine Unidad-Popular-Regierung, setzte Nerudas Herz aus. General Augusto Pinchet ordnete heuchlerisch eine dreitägige Staatstrauer an, während seine Truppen die Häuser Nerudas in Valparaiso, Isla Negra und Santiago verwüsteten.
Heute sind der Dichter und seine dritte Frau, Matilde Urrutia, im Garten von Isla Negra beigesetzt, der Grabstein schaut auf das Meer und die Wellen, die er so sehr liebte.
Einen umfassenden Überblick über sein buntes Leben als Künstler und Politiker geben seine Autobiographie „Ich bekenne, ich habe gelebt“ und seine Biographie von Volodia Teitelboim.












