Machu Picchu

Aufgrund unseres akuten Zeitmangels wird auch unser Machu Picchu Programm von fünf auf zwei Tage gestrafft. Tickets für Machu Picchu bekomme ich mit etwas Mühe online, ebenso die Zugtickets für den Vistadome hin und den Explorer von Perurail am nächsten Morgen zurück. Sowohl der Eintritt für Machu Picchu als auch die Zugtickets sind exorbitant teuer, hier wird – besonders für die pro Strecke rund dreistündige Bahnfahrt – hemmungslos abgezockt. Die Touristen zahlen im Zug den zehnfachen Preis wie die Einheimischen! Aber egal, es gibt keine Alternative, also zahlen wir und hoffen, daß unsere Erwartungen an den sagenumwobenen Ort nicht enttäuscht werden.

Pro Tag werden in Machu Picchu maximal 2.500 Besucher zugelassen. Die meisten kommen sehr frühmorgens mit dem ersten Zug nach Aguas Calientes und verlassen die Stätte mittags bereits wieder, um abends zurück in Cusco zu sein. Wir planen unsere Tour daher so, daß wir erst mittags in Machu Picchu ankommen, wenn die Masse der Besucher schon wieder geht:
– Morgens mit dem Taxi von der Quinta Lala zum Bahnhof nach Poroy
– Fahrt mit dem Vistadome nach Aguas Calientes, dann mit dem Bus hoch nach Machu Picchu
– Rundgang, dann spätnachmittags mit dem Bus wieder runter nach Aguas Calientes und Übernachtung im Hotel
– Am nächsten Tag frühmorgens Fahrt mit dem Explorer von Aguas Calientes bis Ollantaytambo
– Dort Abholung durch vorbestelltes Taxi und 2 Stunden Fahrt zurück nach Cusco

Der Vistadome fährt unter Führung der Venice-Simplon-Orient-Express Group und ist komfortabel ausgestattet. Wir bekommen sogar ein kleines Frühstück serviert, wobei uns die Hostess wortreich und mit ernstem Gesicht erklärt, daß es sich dabei um eine Banane, vier Erdbeeren und drei Pancakes mit einem Klecks Heidelbeermarmelade handelt.

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Hätten wir nicht erraten; wir sind äußerst dankbar für die Aufklärung und fühlen uns so umsorgt wie bei der lieben Lufthansa.

Die 3 ½-stündige Fahrt durch das immer enger werdende Tal des Rio Urubamba ist jedenfalls wunderschön. Je tiefer wir in die Bergwelt eindringen desto grüner wird die Umgebung. An der Böschung können wir im Vorbeifahren sogar wilde Orchideen sehen. In Gedanken versunken fragen wir uns, was uns in Machu Picchu erwartet. Mystischer Zauber oder Touristennepp à la Disneyland?

Zugegeben, ein bisschen aufgeregt sind wir schon und fühlen wir uns wie Indiana Jones auf der Suche nach dem Kristallschädel. So muß es wohl dem 36jährigen Expeditionsleiter Hiram Bingham gegangen sein, als er (offiziell) 1911 im Auftrag der National Geographic Society und der Yale Universität, geführt von einem jungen Campesino aus der Gegend, die Dschungelstadt Vilcabamba suchte, die der letzte Inka Manco als Versteck vor den Konquistadoren genutzt hatte. Stattdessen stieß Bingham unvermittelt auf die Ruinen Machu Picchus. Den Bewohnern der umliegenden Täler war der Ort immer bekannt gewesen, aber Bingham war der erste „Gringo“, der die Stadt sozusagen für die restliche Welt entdeckte. Seitdem besuchten unzählige Archäologen den Ort und entwickelten ebenso viele Theorien über die Entstehung, die Funktion und den Untergang der Stadt. Viele Bücher wurden herausgegeben, allein Hiram Bingham veröffentlichte drei. War Machu Picchu eine reine Festungsanlage? Oder diente es ausschließlich religiösen Zwecken? War es ein Tempel der Sonnenjungfrauen oder entspringt dies der überbordenenden Phantasie eines verzückten Historikers? Die Wahrheit wird immer im Verborgenen bleiben, da es keine schriftlichen Überlieferungen aus dieser Zeit gibt und somit keine gesicherten Erkenntnisse.

Wie dem auch sei, es spielt – zumindest für uns – nicht wirklich eine Rolle. Als wir nach stundenlanger Anreise durch den Eingang schreiten und die Kulisse Machu Picchus im Sonnenlicht vor uns liegen sehen, können wir gar nicht anders als von so viel Schönheit ergriffen zu sein. Der besonderen Atmosphäre dieses Ortes kann man sich nicht entziehen. Wie ein Adlerhorst thront Machu Picchu auf einem von den Inka künstlich geebneten Bergsattelrund 700 Meter über dem Rio Urubamba, der den Berg an drei Seiten umfließt.

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Vom Tal aus ist die Anlage nicht zu sehen. Hohe, an den Steilhängen mit undurchdringlichem Urwald bewachsene Berge umgeben Machu Picchu auf allen Seiten, in den tiefen Tälern hängen noch kleine Fetzen von Nebelwolken, die sich in der Sonne nicht auflösen wollen. In steilen grünen Terrassen, die wohl früher mit Mais und anderen Getreidearten bepflanzt waren, zieht sich der Komplex an den Bergflanken hinunter. Die Gassen zwischen den Gebäuden sind schmal, die Stufen teilweise hoch. Die mächtigen tonnenschweren Steine sind fugenlos ineinandergesetzt. Bis heute ist es ein Rätsel, wie genau die Inka diese Steine bewegt haben.

Niemand weiß, wie lange Bestand Machu Picchu noch haben wird, denn Geologen haben herausgefunden, daß sich der Berg durch die vulkanischen Aktivitäten in der Region um Cusco pro Monat um rund einen Zentimeter senkt.

 

Machu Picchu ist zweifellos wunderschön und hat alle unsere Erwartungen erfüllt, aber der Rest der Welt braucht sich nicht zu verstecken. Die beeindruckende Anlage der Inka wurde in der ersten Hälfte des 15ten Jahrhunderts erbaut. Zur ungefähr gleichen Zeit wurden in Rom der mächtige Petersdom errichtet, stand Notre-Dame bereits und auch die gewaltige Tempelanlage der Khmer, Angkor Wat in Kambodscha. Ein Besuch dieser Bauwerke ist ebenso schön und kostet deutlich weniger. Trotzdem ist Machu Picchu ein Muß – once in a lifetime.

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