Santa Catalina

Es ist für uns heute kaum nachvollziehbar, daß über fast vier Jahrhunderte in der über 20.000 qm umfassenden Klosterstadt Santa Catalina in Arequipa Novizinnen und Nonnen des Katharinenordens ein spartanisches Leben abseits alles Weltlichen führten. Gegründet wurde das Kloster 1580 vom spanischen Mutterorden der Dominikaner.

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Aufgrund der starken Nachfrage von spanischen Familien, die ihre Töchter hier unterbringen wollten, wurde es im 17ten Jahrhundert auf die heutige Größe erweitert. Für reiche spanische Familien war es selbstverständlich, daß die zweite Tochter – natürlich mit makelloser Vergangenheit – für „Gott und das Himmelreich“ an ein Kloster abgetreten wurde. Dazu war als Mitgift die horrende Summe von tausend Goldpesos in Form von Goldmünzen, Porzellan, Silber, Schmuck usw. erforderlich.

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Wer nicht über genügend Barschaft verfügte, verkaufte seine Wertgegenstände auf dem Klostermarkt. Für die Lebenskosten der Tochter im Kloster mussten die Familien weiterhin in vollem Umfang aufkommen. Die erheblichen Geldmittel, die dem Kloster auf diese Weise zuflossen, ermöglichten die Anstellung von Dienstpersonal, auch von Männern, die im Kloster arbeiteten und insbesondere das umliegende Ackerland bearbeiteten. Was hinter den hohen Mauern aus Tuffgestein geschah, wie die rund 150 Nonnen und Novizinnen mit ihren 400 Dienstmädchen lebten, blieb der Öffentlichkeit über 300 Jahre weitestgehend verborgen. Verarmte eine Nonne oder deren Familie, so wurde sie gezwungen, ihr letztes Hab und Gut an andere Nonnen zu verkaufen. Alles im Namen Gottes und zu Ehren der Heiligen Katharina – die katholische Kirche gibt hier ein schönes Vorbild für spätere Sekten ab.

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Beim Eintritt ins Kloster mussten die Novizinnen ein absolutes Schweigegelübde ablegen. Über einen Zeitraum von ein bis vier Jahren musste die Novizin eine Probezeit allein im Noviciado absolvieren und durfte in dieser Zeit keinen Besuch empfangen. Nach der Probezeit konnte die Novizin einen notariellen Vertrag als Nonne mit dem Kloster abschließen und musste dann die Mitgift zahlen.

Nonnen war es gestattet, bei besonderen Gelegenheiten Besuch von Familienangehörigen zu erhalten. Dazu gab es im Kloster hinter dem Eingang sogenannte Lokutorien mit hölzernen Sprechgittern, die so konstruiert sind, daß der Angehörige die Nonne nicht sehen konnte, sie jedoch ihn. Berührungen waren nicht möglich. Für die Übergabe von Geschenken und Briefen gab es ein Drehregal, in welches die Dinge von außen gelegt und nach innen gedreht werden konnten. Eine Nonne hörte alle Besuchsgespräche mit und kontrollierte jedes Geschenk und jeden Brief.

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Die Wohnräume der Nonnen waren einfachst ausgestattet: Ein Bett mit Matraze, die manchmal zur Selbstkasteiung mit Steinen oder Stacheln gefüllt war, Tisch, Stuhl, Altar. Das Fenster musste immer offen stehen, damit eine Kontrolle jederzeit möglich war. Bei ihrem Tagwerk wurden die Nonnen von bis zu vier Dienstmädchen unterstützt, die für sie eingekauft, gewaschen, geputzt haben. Meist waren dies Mestizinnen, Indigena oder Afrikanerinnen. Alle Wohnräume besaßen über eine Treppe nach oben einen Ausgang in Freie, vermutlich als Fluchtweg bei Erdbeben oder Bränden. Vielleicht haben wir das aber auch mißverstanden und es war der Eingang für den Gärtner zum Blumengießen…

 

Um sich von allen Sünden, getan oder gedacht, frei sprechen zu lassen gab es dann noch eine ganze Reihe von Beichtstühlen.

Die sündige Nonne begab sich in die kleine Kammer hinter der Holztür und sprach in die von kleinen Löchern durchbrochene Wand, hinter welcher sich eine höhergestellte Nonne verbarg und zuhörte.

Alle Straßen des Klosters tragen in den Tuffstein gemeißelte spanische Namen wie Calle Granada, Calle Sevilla, Calle Cordoba usw. Die Mauern, ehemals weiß getüncht, sind heute hellblau, orange und rot gestrichen und bieten schöne Fotomotive.

 

Bis ins Jahr 1970 war das Kloster von der Außenwelt nahezu hermetisch abgeriegelt. Weder war es den Nonnen gestattet, das Kloster zu verlassen, noch waren Besucher erlaubt. Heute leben noch etwas fünfzig Ordensschwestern in Santa Catalina, die den Klosterbetrieb aufrechterhalten, aber die strengen Bestimmungen gelten für sie nicht mehr. Das Kloster ist weitestgehend der Öffentlichkeit zugänglich, auch die Klosterkirche steht den Besuchern offen und in der Pinakothek kann man rund achtzig Gemälde aus dem 16ten und 17ten Jahrhundert bewundern.

 

Nach soviel Kultur brauchen Dina und ich jetzt was Handfestes: ein Crepe mit Mango und eines mit Alpaka.

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