Chile Chico

Unsere Freude ist groß, als wir von Mercedes Kaufmann in Coyhaique die Nachricht erhalten, daß unsere Ersatzteile für die Heizung angekommen sind. Die Chance, noch in diesem Jahr einmal heiß duschen zu können, steigt.

Die weitere Fahrt führt uns entlang des steilen Südufers des langgezogenen Lago General Carrera. Die rund 120 Kilometer lange mässig gute Piste bis Chile Chico entpuppt sich als abenteuerliche, kurvenreiche Strecke mit traumhaften Ausblicken auf den See, seine malerischen Buchten und die schneebedeckten Gipfel im Hintergrund. Allmählich ändert sich die Landschaft, vom dichten patagonischen Regenwald gibt es schon bald keine Spur mehr, es wird trockener und karger. Im Osten flachen die Hügel ab und man kann schon die Ebene der argentinischen Pampa erahnen.

Von Chile Chico aus, nur fünf Kilometer von der argentinischen Grenze entfernt, wollen wir die Fähre über den Lago Carrera nach Puerto Ibanez nehmen. Als wir am Abend vor der Überfahrt durch den mit breiten Straßen großzügig angelegten Ort cruisen und an der plaza halten, um mal wieder staatlich gesponsortes Wi-Fi abzuzapfen, klopft es plötzlich an der Tür: „Do you have friends Anette and Klaus?“ Jaaaa, haben wir und wir jagen gerade hinter ihnen her, aber woher weiß die charmante blonde Dame das??? Wir sind perplex, kramen in unserem Gedächtnis, aber weder Hugo noch mir kommt ihr Gesicht oder das ihres Begleiters bekannt vor.

Im Gespräch stellt sich dann heraus, daß die Dame aus Belgien stammt, ebenfalls auf Reisen ist und Anette sie und ihren Begleiter in der Lodge in Caleta Tortel kennengelernt hat.

Beim Abschied hat Anette sie wohl gebeten, uns zu grüßen, sollten wir uns zufällig irgendwo begegnen und prompt laufen wir uns in Chile Chico über den Weg. Grund für ein gemeinsames Bier in unserem Wohnzimmer !

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Am nächsten Morgen müssten wir eigentlich schon um 7.00 Uhr im Hafen sein, da dann für eine Stunde das Ticketbüro der Reederei öffnet. Die einzige Fähre nach Puerto Ibanez an diesem Tag legt bereits um 8.00 Uhr ab und da es der erste Werktag nach den Weihnachtsfeiertagen ist und noch dazu die touristische Hochsaison begonnen hat gehen wir von einem ziemlichen Andrang aus. Prompt verschlafen wir und werden erst um 7.20 Uhr wach. Frühstück fällt aus, wir fliegen in unsere Klamotten und jagen zum Hafen. Mit einem Parkplatz sieht es eng aus, noch dazu schieben die carabinieros Wache und so sprinte ich ins Ticketbüro, während Hugo draußen mit dem Unimog Kreise zieht. Die Schlange am Ticketschalter ist tatsächlich lang und ich sehe uns schon tagelang in Chico Chile auf die nächste Fähre warten. Aber das Personal arbeitet äußerst effizient, Kreditkarte ist kein Problem, das System funktioniert sogar im ersten Anlauf und um 7.50 Uhr habe ich Tickets für die 8.00 Uhr-Fähre, die bereits am Pier angelegt und mit dem Verladen der Fahrzeuge begonnen hat. Jetzt müssen wir nur noch samt Unimog an Bord kommen, aber wir werden überraschend vorgewunken und unversehens stehen wir hinter einem Viehtransport auf dem Schiff.

Die gut zweistündige Überfahrt über den spiegelglatten See mit seinen schönen Ausblicken ist wie eine kleine Kreuzfahrt. Beim Blick in das türkisfarbene Wasser fühlt man sich ein bisschen wie in die Karibik versetzt, nur weht dort der Wind nicht so kalt. Ab und an fallen ein paar Tropfen Regen und so kann das Schiff vor der Ankunft sogar durch einen bunten Regenbogen fahren.

In Puerto Ibanez angekommen geht es auf schnellstem Weg weiter nach Coyhaique. Dort holen wir die Ersatzteile bei Mercedes Kaufmann ab und Hugo baut den Brenner und die Steuerung noch am gleichen Tag in die Heizung ein. Beim Anlassen drücken wir fest die Daumen – sie funktioniert auf Anhieb! In kurzer Zeit sind zehn Liter Wasser auf eine Temperatur von sechzig Grad gebracht und wir gönnen uns nach über zwei Monaten die erste heiße Dusche! Ein unvorstellbarer Luxus! Besser kann das alte Jahr nicht enden…

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