Wir folgen über die asphaltierte Straße dem Lauf des Rio Simpson, einem der schönsten Flüsse der Region, wie wir finden. Er schlängelt sich durch schmale Canyons, ist an den Ufern dicht mit Blumen bewachsen und sein Wasser springt schäumend über kleine Stromschnellen. Wir fahren durch Wälder, entlang sumpfiger Lagunen und durch Moorlandschaften, dann windet sich der Paß Portezuelo Ibanez in engen Serpentinen bis auf 1.100 Meter Höhe. Das Panorama ist atemberaubend und die schroff gezackten Gipfel des Bergmassivs Cerro Castillo, welches ein weites Tal umschließt, begleiten uns für eine ganze Weile.
Dann verlassen wir die Carretera Austral, um einen Abstecher nach Puerto Ibanez am Nordufer des Lago General Carrera zu machen. Der blaugrüne See leuchtet uns unter wolkenlosem Himmel schon von Weitem entgegen. Kein Diamant der Welt könnte schöner funkeln. Er ist der größte See Chiles und nach dem Titicacasee der zweitgrößte See Südamerikas. Der östliche, kleinere Teil gehört zu Argentinien, liegt bereits im noch bewaldeten Flachland, welches dann kurz darauf in die aride Pampa übergeht, und ist ein bevorzugtes Anbaugebiet von Kirschen. Allein der von West nach Ost verlaufende Hauptarm des Sees hat eine Länge von 180 Kilometern. Das Mikroklima hier ist im Vergleich zum restlichen Patagonien deutlich sonniger und trockener, da die Region durch das nordpatagonische Eisfeld und die bis über 4.000 Meter hohen Gipfel des Monte San Valentin und Cerro Nyades im Westen von den kalten pazifischen Winden und Regenfronten abgeschirmt wird.
Wir entscheiden uns, für den Rückweg zur Carretera Austral eine Piste zu nehmen, die durch ein sehr abgeschiedenes Tal führt. Puerto Ibanez werden wir wiedersehen, denn auf unserer Rückkehr aus dem tiefen Süden werden wir von Chile Chico aus mit der Fähre hierher übersetzen.
Wir fahren knapp sechzig Kilometer durch ein Tal, das einsamer und verwunschener nicht sein könnte. Vergessen vom Rest der Welt wurden hier bis heute nicht einmal Strom- oder Telefonleitungen verlegt und die wenigen kleinen Farmen bedienen sich alter Generatoren, die Fortschrittlicheren haben ein paar Solarzellen vor dem Haus oder neben der Scheune aufgestellt. Die Fenster der oft schiefen, über viele Jahrzehnte verwitterten Holzhäuschen sind mit weißen Spitzengardinen geschmückt. Auf dem Gelände stehen mit Schutzfolie überzogene Treibhäuser oder Gewächshäuser aus Glas. So wie es ausschaut, leben hier Farmer, die ausschließlich für die Selbstversorgung anbauen. Wir passieren die wunderschönen Wasserfälle des Rio Ibanez, treffen in einem Wald auf ein paar Wildpferde, kommen an einsamen kleinen Seen vorbei.
Da die Piste ist in schlechtem Zustand ist läßt Hugo Luft aus den Reifen, um das stundenlange Fahren etwas komfortabler zu machen..
Niemand begegnet uns, niemand folgt uns, bis wir Stunden später wieder die Carretera erreichen, die kurz darauf von Asphalt zu Schotter wechselt. Die Landschaft ändert sich augenfällig. 1991 brach der nordwestlich gelegene Vulkan Hudson aus und ließ auf weite Teile der Region tagelang Asche regnen. Infolgedessen starben viele Wälder ab und bis heute ragen die toten Stämme aus grauen Hängen gespenstisch in den Himmel.
Am späten Nachmittag finden wir einen Stellplatz, der schöner nicht liegen könnte:



















