Von der Küste geht es die gleiche Strecke – es gibt nur diese eine Schotterpiste durch den Urwald – vorbei an den kleinen Schaf- und Rinderfarmen zurück nach La Junta, wo wir im Dorfladen unseren Proviant aufstocken. Gemüse und frisches Obst sind Mangelware; wenn nicht gerade der wöchentliche oder monatliche LKW aus Puerto Montt eine frische Ladung gebracht hat, ist außer Zwiebeln nicht viel zu bekommen. Stattdessen führt der kleine Laden mindestens dreißig verschiedene Putzmittel für den Haushalt.
Julian und Markus wollen den Rio Figueroa gerne noch paddelnd bezwingen, also verbringen wir noch eine Nacht am bereits bekannten Wiesenstellplatz am Flussufer des Rio Palena und fahren am nächsten Morgen kurzerhand Richtung argentinische Grenze bis nach Lago Verde. Nach einer Nacht am jadegrünen See trennen sich unsere Wege; vielleicht sammeln wir die beiden sportlichen Rafter weiter im Süden ja noch einmal ein :-).
@Markus und Julian: War schön mit Euch!
Wir setzen unsere Fahrt fort und erreichen mit Puerto Puyuhuapi ein malerisches Siedlerdorf am nördlichen Ende des Ventisquero-Fjordes, der weit ins Land hinein ragt. Heimelige, mit Holz verkleidete und gut gepflegte Häuschen säumen das Ufer. Der Ort ist vergleichsweise jung; er wurde von vier Sudentendeutschen erst 1935 gegründet. Zu ihnen zählte Walter Hopperdietzel, der hier in Puyuhuapi die erste Teppichmanufaktur gründete, die noch heute Teppiche webt. Die kleinen Cafes und Hotels im Ort tragen häufig einen deutschen Namen wie zum Beispiel Casa Ludwig oder Cafe Rossbach.
Südlich von Puyuhuapi führt die Carretera Austral durch den Parque Nacional Queulat, einen Urwald mit hohen Bäumen, Bambus, Scheinbuchen, rotblühenden Fuchsiengewächsen, Lianen, Farnen und Nalca-Pflanzen, dem wilden Rhabarber Patagoniens. Vom Parkeingang aus führt eine 3,5 Kilometer lange Wanderung bis zu einem Aussichtspunkt, der den Blick auf den Ventisquero Colgante, den hängenden Gletscher freigibt. Der Himmel ist mit dicken grauen Wolken verhangen, aber wir beschließen, trotzdem loszumarschieren. Es geht durch einen Zauberwald mit von dichten Moosen und Flechten besetzten Bäumen, über gewaltige Felsbrocken, vorbei an Riesenfarnen und jungen Trieben, die sich im Schatten der Urwaldriesen gerade erst ausrollen.
Am Tag zuvor hat es geregnet und der Pfad steht zu einem großen Teil unter Wasser; manchmal stehen wir knöcheltief im dicken Matsch und bei jedem Schritt geben die Trekkingschuhe ein schmatzendes Geräusch von sich. Winzige grün-braun schimmernde Kolibris fliegen vorbei und verharren flügelschlagend und Nektar trinkend vor den rot leuchtenden Blüten einer Pflanze, die selbst eher wie ein Tier ausschaut.
Der Aufstieg ist rutschig und anstrengend und wir benötigen für die 3,5 Kilometer knapp zwei Stunden, bis wir den Aussichtspunkt gegenüber dem Gletscher erreicht haben. Wir haben Glück: Die Wolken verziehen sich für einen Moment und geben die Sicht auf den gewaltigen blau-weißen Überhang aus Eis frei, der zwischen den Felsen talwärts zu stürzen droht, aber lediglich ein Schwall aus Schmelzwasser ergießt sich in den tief in der Schlucht verlaufenden Fluß. Während des Tages hatte ich wie immer einige Bilder geschossen, aber ein paar Tage später muß ich feststellen, daß mir die Fotogötter einen Streich gespielt haben: Die SD-Card ist defekt; die Fotos von unserer Wanderung sowie den Tagen danach sind darauf, aber ich komme – zumindest für den Moment – nicht mehr daran :-(.









